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rechtsstaatlichkeit

Informationen über das politische System in Eritrea und die demokratische Entwicklung des Landes

Die eritreische Militärdiktatur zählt zu den neun Ländern weltweit mit dem geringsten Grad an Freiheit. Es gibt verschiedene Einschätzungen bzgl. des politischen Systems – inwieweit dieses als autoritär oder totalitär gilt. Manche bezeichnen das Regime als stark autoritär, da trotz aller Bestrebungen weder die technischen noch die bürokratischen Kapazitäten ausreichen, um ein totalitäres Regime zu errichten. Für eine Einstufung als totalitäres Regime sprechen hingegen das Fehlen von rechtstaatlichen Institutionen, das monistische Machtzentrum sowie die permanente Mobilisierung und Manipulation der Bevölkerung durch eine nationalistische, auf dem Befreiungskampf beruhende Ideologie. Die gesamte politische Kultur im Land ist geprägt vom 30-jährigen Befreiungskampf. Es besteht die Pflicht zur Einheit und uneingeschränkten Loyalität aufgrund der ständigen äußeren Bedrohung, vor allem seitens Äthiopiens.

Die Regierung in Eritrea ist nie gewählt worden, genoss aber zu Beginn der Staatsgründung ein hohes Maß an Legitimität. Die breite Zustimmung der Bevölkerung beim Referendum zur Unabhängigkeit im Jahr 1993, die bei 99,8 % lag, interpretierte die Eritrean People’s Liberation Front (EPLF) auch als Zustimmung zu ihrer Machtübernahme. Im Jahr 1994 formierte sich die EPLF zur People’s Front for Democracy and Justice (PFDJ) und ließ eine Verfassung ausarbeiten. Diese wird im Jahr 1997 ratifiziert, tritt aber nie in Kraft. Wahlen, die ursprünglich für 1998 vorgesehen waren, sind auf unbestimmte Zeit verschoben. Die 1993 gegründete Nationalversammlung ist seit dem Jahr 2002 nicht mehr zusammengetreten.

In Eritrea gibt es keine demokratische Institutionen und keinen Rechtsstaat, d.h. keine bürgerlichen Freiheitsrechte und auch keine Gewaltenteilung: Gesetzgebung (Legislative) und Justiz (Judikative) werden von der Exekutive in Form des Präsidenten Isaias Afewerki und eines kleinen Beraterstabs kontrolliert. Gesetze werden per Dekret verabschiedet. Für die Kontrolle der einzelnen Regionen setzt der Präsident loyale Generäle ein. Er bestimmt die Innen- und Außenpolitik des Landes und ernennt alle wichtigen Ämter: Minister, Richter und militärische Befehlshaber. Neben dem Präsidenten sind die PFDJ und das Militär die einzigen politischen Institutionen von Bedeutung. Der Vorsitz des Obersten Gerichtshofes ist seit 2001 vakant. Es existieren drei verschiedene Arten von Gerichten: Zivil-, Militär- und geheime Sondergerichte.

Eine nennenswerte Demokratiebewegung, die Reformen und die Implementierung der Verfassung fordert, entstand 2001. Sie setzte sich aus den sog. G-15, einer Gruppe von führenden Mitgliedern der PFDJ, und Journalisten zusammen. Reformpolitiker und Journalisten wurden verhaftet und sind seitdem ohne Verfahren inhaftiert. Gleichzeitig wurden alle unabhängigen Medien verboten. Es gibt keine unabhängigen NGOs und die Gewerkschaften werden vom Staat reguliert. Gruppen, die mehr als sieben Personen umfassen, ist es nicht erlaubt sich zu versammeln. Das Internet spielt in Eritrea nur eine untergeordnete Rolle. Es wird seitens der Regierung überwacht und zensiert (z.B. YouTube) und nur rund 250.000 Eritreer/innen haben überhaupt Zugang zum Internet.

Im Land gibt es keine legale Oppositionspartei oder –bewegung. Die einzigen Formen des Widerstandes sind derzeit Desertion und Massenflucht ins Ausland. Diese machen den Legitimationsverlust der Regierung deutlich. Opposition ist nur im Ausland möglich. Mehr als eine Million Eritreer/innen leben in der Diaspora. Sie sind gezwungen 2% ihres Einkommens an den eritreischen Staat zu zahlen, um sich die Staatsbürgerschaft und das Recht auf Rückreise in ihr Heimatland zu bewahren. Die Verweigerung dieser Abgabe bietet daher eine geringe Möglichkeit zum Protest.